Testimonial
Facharzt Allgemein-, Viszeral-, Endokrin- und Transplantationschirurgie HOCH (Kantonsspital St. Gallen)
Dr. med. Ushanthan Uthayanan
Was begeistert dich an der Viszeralchirurgie – was macht das Fach für dich besonders?
Ich liebe die Vielfalt der viszeralchirugischen Krankheitsbilder. Von einer «simplen» Lipomexcision hin zu komplexen interdiszpilinären Operationen kann an einem normalen Tag alles vertreten sein. Diese Mischungen lassen den Arbeitsalltag etwas weniger eintönig erscheinen, setzen aber auch ein gewisses Mass an Flexibilität voraus.
Der Effekt, dass man durch seine manuellen Fähig-/ und Fertigkeiten Patienten behandeln, ihre Probleme beheben oder zumindest die Lebensqualität verbessern kann, ist sehr faszinierend und zugegeben am Anfang der Ausbildung auch abschreckend. Dennoch kann der Gesundheitszustand nie isoliert chirurgisch betrachtet werden, sondern erfordert eine ganzheitlich medizinische Aufarbeitung.
Als ChirurgIn ist man kein EinzelgängerIn; es erfordert stets ein Team. Dadurch lernt man sowohl sozialkompetentes Arbeiten in stressigen Situationen, den respektvollen Umgang untereinander, kann aber im Team Wissen austauschen und sich aufeinander verlassen.
Wie gelingt es dir, im oft hektischen Klinikalltag den Überblick zu behalten – hast du persönliche Strategien für gutes Zeitmanagement?
Ich persönlich benötige am Morgen etwas Vorlaufzeit, in der ich mir vergegenwärtige, was mich an dem Tag erwartete. Anschliessend setze ich mir Prioritäten. Ich versuche mir den Tag zu strukturieren, dazu gehören auch Pausen. Auch wenn der Alltag nicht selten unvorhersehbare Ereignisse mit sich bringt, darf nicht vergessen werden, dass wir alle keine Maschinen sind. Eine qualitativ hochwertige Arbeit kann nicht 12, 13 oder mehr Stunden am Tag ohne Unterbrechung ausgeführt werden. Leider müssen wir uns, systembedingt, oft zwingen diese Pausen zu machen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Arbeit danach produktiver und speditiver ist, sodass durch die kurze Auszeit die Arbeitszeit nicht verlängert, sondern im Gegenteil oft sogar verkürzt wird.
Vorbereitungen können den Arbeitsalltag zudem erleichtern. z.B. Sprechstunden vorbereiten, OP-Berichte schon anlegen, Vorlagen erstellen… . Dadurch wird man auch an chaotischen Tagen nicht allzusehr aus dem Konzept gebracht.
Was würdest du jungen Ärztinnen und Ärzten raten, um trotz hoher Belastung eine gesunde Balance zwischen Beruf und Privatleben zu finden?
Life-Work-Balance ist ein Begriff, der in vieler Munde ist. Ich finde allerdings eine klare Trennung, vor allem im medizinischen Arbeitsumfeld, oft unmöglich: Für viele KollegInnen ist die Arbeit schliesslich nicht eine reine Erwerbstätigkeit, sondern auch eine Leidenschaft, eine Berufung. Nicht desto trotz bin ich davon überzeugt, dass es Abstand vom Arbeitsalltag braucht. Zeit fernab der Klinik, um sich zu erholen, sich zu regenerieren und Kraft und Energie zu tanken. Dies im daily business einzubauen ist oft nicht einfach, vor allem am Beginn der chirurgischen Ausbildung. Ich rate jungen KollegInnen, sich zum Einen, eine strukturierte und organisierte Arbeitsweise anzueignen (siehe auch Frage vorher). Zudem sollen jede/r ihre/seine persönlichen Grenzen kennen, Hilfe einfordern und auch annehmen. Wir müssen nicht perfekt sein oder alles können und wissen. Ich denke, wenn wir unsere Ansprüche an uns selbst nur minimal reduzieren, könnte eine Balance zwischen Berufs- und Privatleben oft viel einfacher zu erreichen sein.